Betriebswirtschaftslehre

Betriebswirtschaftslehre

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Be|triebs|wirt|schafts|leh|re 〈f. 19; unz.; Abk.: BWL〉 = Betriebswirtschaft

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Be|triebs|wirt|schafts|leh|re, die:
Disziplin der Wirtschaftswissenschaften, die sich mit dem Aufbau, der Organisation u. der Führung von Betrieben befasst (Abk.: BWL).

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Betriebswirtschaftslehre,
 
Abkürzung BWL, Betriebswirtschaft, die Lehre von den Unternehmen (Betrieben); neben der Volkswirtschaftslehre stellt sie die andere bedeutende Teildisziplin der Wirtschaftswissenschaften dar.
 
 
der BWL sind die Betriebe, die Individual- oder Kollektivgüter erstellen. Hierzu zählen neben erwerbswirtschaftlichen Unternehmen auch öffentliche Betriebe und Verwaltungen. Ziel der BWL ist die Beschreibung und Erklärung einzelwirtschaftlicher Phänomene (betriebswirtschaftliche Theorie) sowie die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen und Verfahrensregeln für die in der Praxis Tätigen (angewandte BWL). Die normativen Aussagensysteme der BWL betreffen Prozesse der Festlegung und Ausprägung von Betriebszielen, die Gestaltung und Steuerung betrieblicher Leistungs- und Austauschprozesse und die Ausformung operativer Entscheidungen hinsichtlich Art und Menge der zu beschaffenden Produktionsfaktoren (menschliche Arbeit, Investitionsgüter, Produktionsmittel, monetäre Einheiten und Informationen), deren Einsatz (Faktorkombination in der Leistungserstellung) sowie die Verwertung der erbrachten Leistung am Markt.
 
Die allgemeine BWL befasst sich mit Erscheinungen und Problemen, die allen Betrieben gemeinsam sind. Hierzu zählen neben Theorien über die Führung und das Verhalten in und von Betrieben auch Aussagensysteme zu den Rahmenbedingungen wirtschaftlichen Handelns. Eine Sonderrolle spielt allerdings die betriebswirtschaftliche Steuerlehre, die zwar einen für alle Betriebe relevanten Teilaspekt der Rahmenbedingungen aufgreift, üblicherweise jedoch nicht zur allgemeinen BWL gezählt wird. Umgekehrt werden die Grundtatbestände der betriebswirtschaftlichen Funktionslehren dem Kernbereich der allgemeinen BWL zugerechnet, obwohl dort auch Aufgaben behandelt werden, die nicht für alle Betriebe von Bedeutung sind. Grundsätzlich kann zwischen leistungs-, finanz- und lenkungssystembezogenen Funktionslehren unterschieden werden. Zum Leistungssystem zählen die Teilfunktionen Beschaffung und Logistik (Materialwirtschaft), Produktion (Produktionswirtschaft) und Absatz (Absatzwirtschaft, Marketing, einschließlich Werbung, Vertrieb und Marktforschung). Diese Bereiche werden ergänzt durch finanzwirtschaftliche Funktionen (Investition und Finanzierung). Aufgabe des Lenkungssystems ist zum einen die Schaffung der Voraussetzungen für eine koordinierte Wertschöpfung, zum anderen die Steuerung von Betrieben. Das Lenkungssystem umfasst die Bereiche Informationswirtschaft (Controlling, Rechnungswesen), Personalwesen (Personalwirtschaft) und Unternehmensführung (Organisation und Führung, Planung und Kontrolle).
 
Die Kernbereiche der allgemeinen BWL werden ergänzt durch spezielle Betriebswirtschaftslehren. Hierzu zählen u. a. die Wirtschaftszweiglehren, die sich mit betriebswirtschaftlichen Problemen einzelner Branchen befassen. Traditionell wird zwischen Industrie-, Handels-, Bank-, Versicherungs- und landwirtschaftlicher Betriebslehre sowie der Lehre von den öffentlichen Betrieben und der öffentlichen Verwaltung unterschieden. Zu den Wirtschaftszweiglehren sind ferner die Bereiche Wirtschaftsprüfung, Genossenschaften und Tourismus zu zählen. Des Weiteren gibt es eine Reihe spezieller Betriebswirtschaftslehren, die den Aspekt der methodischen Unterstützung besonders hervorheben; hierzu zählen neben den bereits genannten Teildisziplinen Controlling und Rechnungswesen auch die Bereiche Operations-Research (Unternehmensforschung) und Wirtschaftsinformatik. Seit Ende der 1980er-Jahre etablierten sich mit der ökologieorientierten und der internationalen BWL zwei Richtungen, die sich mit unternehmensübergreifenden Problemen befassen. Angesichts ihres Querschnittscharakters ist es strittig, ob sie zu den speziellen oder zur allgemeinen BWL zählen.
 
 
Die historischen Wurzeln der BWL lassen sich bis ins Altertum zurückverfolgen. Ursprünglich befassten sich einzelwirtschaftliche Abhandlungen mit dem Haushalt (z. B. Xenophon). Die landwirtschaftliche Betriebslehre lieferte bis ins 19. Jahrhundert hinein wesentliche Beiträge zur betrieblichen Gestaltungsproblematik (z. B. A. D. Thaer und J. G. Courcelle-Seneuil). Die im 17. und 18. Jahrhundert zur Blüte gelangte Handlungs- oder Handelswissenschaft (z. B. B. J. Savary, C. G. Ludovici, J. M. Leuchs) beschäftigte sich mit der Beschreibung von Betrieben und Märkten und versuchte bereits, Regeln für betriebliche Entscheidungen aufzustellen. Neben der doppelten Buchhaltung (L. Paciolis »Summa de arithmetica. ..«, 1494) sind die Erkenntnisse der Staatsrechnungswissenschaft und Kameralistik zu nennen, welche im 18. Jahrhundert zur Bildung eigener Kameralhochschulen (Gießen, 1777) führten. Ab 1898 wurden im deutschsprachigen Raum Handelshochschulen zur Ausbildung des kaufmännischen Nachwuchses errichtet.
 
Ethisch-normative (H. Nicklisch, F. J. Schär) und konzeptionell analytische Lehrbücher (W. Rieger) sowie betriebswirtschaftliche Theorieansätze z. B. im Rechnungswesen (E. Schmalenbach, F. Schmidt) ließen die BWL innerhalb kurzer Zeit zu einer eigenständigen akademischen Disziplin aufsteigen.
 
Nach dem Zweiten Weltkrieg führte das marktwirtschaftliche System zu einer weiteren Aufwertung der BWL. Bis in die 70er-Jahre dominierte in der Bundesrepublik Deutschland der faktor- und produktivitätsorientierte Ansatz E. Gutenbergs. Mit der entscheidungsorientierten BWL (E. Heinen) und der Übernahme systemtheoretischen Gedankenguts (H. Ulrich) begann sich die BWL gegenüber den übrigen Sozialwissenschaften zu öffnen. Wesentliche Beiträge zur Entwicklung einer modernen BWL stammen aus dem angloamerikanischen Raum. Hierzu zählen insbesondere die verhaltenswissenschaftlich geprägte Entscheidungstheorie (H. A. Simon), die Institutionenökonomik (Oliver Eaton Williamson, *1932) und die Industrieökonomik. Angesichts des Erfolgs japanischer Unternehmen setzte in den 80er-Jahren eine verstärkte Rezeption japanischer Managementpraxis ein (Leanmanagement).
 
Seit den 90er-Jahren entwickelte sich angesichts verschiedener Umweltbedrohungen und -katastrophen ein neuer, ökologischer Ansatz der BWL, der den Gegensatz zwischen Ökonomie und Ökologie aufzuheben und die Auswirkungen betrieblichen Wirtschaftens auf die natürliche Umwelt und die Menschen stärker zu berücksichtigen sucht. Schwerpunkte dieser neuen Konzeption sind Bewertung des Ressourcenverbrauchs in einer Ökobilanz, umweltbewusstes Management (Umweltmanagement) in allen Unternehmensbereichen von der Produktentwicklung über Ressourcengewinnung und -beschaffung, Produktion (Materialsubstitution), Logistik (Schiene statt Straße) bis zum Absatz (Verpackung) und zur Entsorgung (Recycling). Diesem neuen Ansatz trägt auch das Umweltauditgesetz vom 7. 12. 1995 über freiwillige Beteiligung gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für Umweltmanagement und -betriebsprüfung Rechnung (Umweltaudit).
 
Wichtige Vertreter der BWL im deutschsprachigen Raum sind neben den bisher genannten u. a. E. Kosiol, K. Mellerowicz, E. Grochla, G. Wöhe und Klaus Chmielewicz (*1935).
 
 
K. Mellerowicz: Allg. B., 5 Bde. (1-141968-73);
 H. Diederich: Allg. B., 2 Bde. (4-51979-81);
 E. Gutenberg: Grundlagen der B., 3 Bde. (8-241980-84);
 E. Heinen: Einf. in die B. (91985, Nachdr. 1992);
 
Allg. B., hg. v. H. Jacob (51988, Nachdr. 1993);
 
Hwb. der Wirtschaftswiss., hg. v. W. Albers u. a., 9 Bde. u. Registerbd. (Neuausg. 1988);
 
Hwb. der Öffentl. Betriebswirtschaft, hg. v. K. Chmielewicz u. a. (1989);
 
Betriebswirtschaftstheorie, Beitrr. v. W. Busse von Colbe u. a., 3 Bde. (3-51990-92);
 
Allg. B., hg. v. F. X. Bea u. a., 3 Bde. (61992-94);
 
Hwb. der Betriebswirtschaft, hg. v. W. Wittmann u. a., 3 Bde. (51993);
 
Lex. der Betriebswirtschaft, hg. v. W. Lück (51993);
 K. Stüdemann: Allg. B. (31993);
 
Vahlens Kompendium der B., hg. v. M. Bitz u. a., 2 Bde. (31993);
 
Kompendium der B., hg. v. U. Bestmann, 2 Tle. (2-71994);
 H. Schierenbeck: Grundzüge der B. (121996);
 H. Albach: Allg. B. (22000);
 J.-P. Thommen: Managementorientierte B. (62000);
 G. Wöhe u.U. Döring: Einf. in die allg. B. (202000);
 H. Jung: Allg. B. (72001);
 W. Neuss: Einf. in die B. aus institutionenökonom. Sicht (22001).
 
Zeitschriften:
 
Ztschr. für Betriebswirtschaft (1924 ff.);
 
Betriebswirtschaftl. Forschung u. Praxis (1949 ff.);
 
Schmalenbachs Ztschr. für betriebswirtschaftl. Forschung (1949 ff., früher u. a. T.);
 
Die Betriebswirtschaft, Jg. 37 ff. (1977 ff.).

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Be|triebs|wirt|schafts|leh|re, die: Disziplin der Wirtschaftswissenschaften, die sich mit dem Aufbau, der Organisation u. der Führung von Betrieben befasst (Abk.: BWL).

Universal-Lexikon. 2012.

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